15/11/2005
15/11/2005

Der Bauherrenpreis der ZV Zentralvereinigung der Architekten Österreichs wird seit 1967 jährlich verliehen.

Der Bauherrenpreis 2005 der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs wurde in diesem Jahr für insgesamt sechs ausgewählte Projekte vergeben. 2004 ging die Steiermark leer aus. Nicht so in diesem Jahr: unter den Preisträgern befindet sich der Eurospar Leibnitz, ein Projekt von Riegler Riewe Architekten aus Graz. GAT gratuliert!

Seit 1967 verleiht die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs regelmäßig den Bauherrenpreis. Er ist eine Auszeichnung für jene Personen und Personenkreise, die sich als Bauherren oder Auftraggeber und Mentoren der Planung in besonderer Weise verdient gemacht haben. Jedes Jahr wird diese nationale Veranstaltung von einem anderen Bundesland, in diesem Jahr von der Ziviltechnikervereinigung Landesverband Tirol in Zusammenarbeit mit dem aut. architektur und tirol in Innsbruck durchgeführt.

Neben dem Eurospar Leibnitz (Bauherr: SPAR Österreichische Handels-GmbH, Architektur: Riegler Riewe Architekten, Graz) wählte die Jury, bestehend aus Architekt Marcel Meili (Zürich), Bettina Götz (Wien) und Walter Angonese (Bozen) sowie dem Bauherrenvertreter Robert Falch (St. Anton a. Arlberg) folgende Projekte für den Bauherrenpreis 2005 aus:
_ Sudhaus Adambräu in Innsbruck (Bauherr: Innsbrucker Immobilien-GmbH; Architektur: Giner + Wucher, Arch. Pfeiffer, Arch. Köberl, Innsbruck), in dem das aut. architektur und tirol und das Archiv für Baukunst der Architekturfakultät der Universität Innsbruck untergebracht sind.
_ Feuerwerk Binder in Fügen im Zillertal (Bauherr: Franz Binder GmbH; Architektur: Arch. Helmut Reitter, Innsbruck)
_ Projekt art for art house in Haringsee in Niederösterreich (Bauherr: Theaterservice GmbH, Architektur: Arch. Gerhard Steixner, Wien)
_ Schließung einer Baulücke am Übergang zum Museumsquartier in Wien (Bauherr: KALLCO Bauträger GmbH, Architektur: Arch. Carl Pruscha, Wien)
_ Generalsanierung und Erweiterung des Einfamilienhauses Grabher in Dornbirn (Bauherr: Familie Grabher, Architektur: raumhochrosen architekturerzeugnisse, Dornbirn)

Die Preisverleihung wurde am 11.11.2005 von Hans Hollein (Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs), Bettina Götz, Walter Angonese (für die Jury), Herwig Van Staa (LH für Tirol) und Hilde Zach (Bürgermeisterin von Innsbruck) im Tiroler Haus der Architektur "aut. architektur und tirol" in Innsbruck vorgenommen.

AUSSTELLUNG:
Die ausgezeichneten und alle eingereichten Projekte sind bis zum 26.11.2005 im Tiroler Haus der Architektur „aut. architektur und tirol“ ausgestellt.

KONTAKT:
aut. architektur und tirol
Claudia Wedekind
Lois Welzenbacher Platz 1
6020 Innsbruck
T 0512/57 15 67
presse@aut.cc

ZV-Landesverband Tirol
Johannes Schmidt
T 0664/43 073 70
arch@j-schmidt.atAUSZUG AUS DEM JURYPROTOKOLL:

> Eurospar Leibnitz
Bauherr: SPAR Österreichische Handels-GmbH, Graz
Architektur: Riegler Riewe Architekten, Graz

Der Supermarkt ist von der kaum zu überbietenden Ökonomie einer einzigen entwerferischen Geste eines Daches geprägt. Da auch eine kleine Provinzstadt zu einer grimmigen Peripherie fähig ist, liegt die stupendeste Wirkung dieses Daches in der Schaffung eines wahrnehmbaren öffentlichen Ortes, von dem es unwesentlich ist, ob er Eingang ist oder gedeckter Parkplatz. Durch einen kleinen plastischen Versatz wird diesem Raum ein weit wirksames, minimalistisches Zeichen zugefügt. Eine wahrhaft surreale Suggestion vermittelt der Markt aber erst nach der Dämmerung. Jetzt bilden die Decke und die Ladenfront einen flirrenden Lichtraum, der von Ferne an einen geöffneten Kühlschrank in einer schwach erleuchteten Wohnung erinnert. Dann strahlt das Gebäude etwas Ungreifbares aus wie die Tankstellen bei Ed Ruscha.

> Sudhaus Adambräu Innsbruck
Bauherr: Innsbrucker Immobilien-GmbH, Stadt Insbruck
Architektur: Giner + Wucherer, Arch. Pfeiffer, Arch. Köberl, Innsbruck

Es ist nicht der philologische Gehalt, der beim Zugriff auf ein Baudenkmal über die Bedeutung entscheidet. Im Gegenteil, es ist der Umgang mit den vitalen, widersprüchlichen, oft subversiven Energien, welche durch den neuen Gebrauch in das alte Gemäuer drängen. Werden diese Kräfte unter der rechthaberischen Verklärung einer wie auch immer gearteten Ursprünglichkeit begraben, so ist dies vor allem die Anmaßung einer seltsamen „Endgültigkeit“. Wer aber sagt, dass die jetzige Umformung des Adambräu die letzte ist? Es zeichnet dieses Projekt aus, dass es sich beim beharrlichen Erarbeiten einer Zukunft für dieses bedeutende Denkmal weder auf eine oberflächliche Dialektik eingelassen, noch das denkmalpflegerische Gewissen zur beherrschenden Instanz der Recherche erklärt hat, sondern die architektonische Ausstrahlung des Bestandes unter verändertem Gebrauch. Und die Verfasser haben dies in einer inspirierten, informierten, listenreichen und unaufgeregten Form getan, eine Arbeit von beeindruckender gedanklicher Eleganz. Deshalb lebt so vieles vom Bestand wieder auf, ohne „erhalten“ zu sein.> Feuerwerk Binder in Fügen im Zillertal, Tirol
Bauherr: Franz Binder GmbH, Fügen im Zillertal
Architektur: Arch. Helmut Reitter, Innsbruck

Das Feuerwerk der Firma Binder ordnet sich in die Reihe der durch die Firmenleitung forcierten guten Architekturbeispiele ein. Stellvertretend dafür das Verwaltungsgebäude von Josef Lackner, mit dem das Feuerwerk, sozusagen als zweite Klammer, einen besonderen Dialog führt. Das Projekt überzeugt die Jury durch seine intelligente Verbindung zwischen technologischen Notwendigkeiten – die in der Natur einer solchen Wärmezentrale liegen – und der daraus wohl auch abgeleiteten Architektursprache von Helmut Reitter. Immer wieder konnten architektonische Aspekte in die rein technologischen Prozesse eingewebt werden, nie entsteht daraus ein formalistischer Ansatz. Das auf dem „Dach“ untergebrachte Besucher- und Tagungszentrum bleibt den Absichten einer solchen Bauaufgabe stets ehrlich gegenüber, erfüllt aber alle ihm zuerkannten funktionalen und kommunikativen Eigenschaften. Helmut Reitter und die Fa. Binder haben wieder einmal bewiesen, dass „Industriearchitektur“ ganz im Sinne der besten Beispiele aus der Zwischenkriegszeit – nicht länger nur Terrain von gestaltungslosem „engineering“ sein muss, sondern dass mit gegenseitigem Respekt eine authentische Architektur entstehen kann, die sich zudem und ihrer Aufgabe entsprechend, gut in den Talboden des Zillertales einzufügen vermag.> art for art house in Haringsee in Niederösterreich
Bauherr: Theaterservice GmbH, Dr. Josef Kirchberger, Wien
Architektur: Arch. Gerhard Steixner, Wien

Das art for art house ist der Prototyp eines multifunktionalen Fertighauses in Mischbauweise mit passiver Solarenergienutzung und dient als Verwaltungsgebäude der art for art Theaterservice GmbH. An einem kleinen massiven Betonkern „hängt“ mit einer Längsseite ein weit gespannter, großer Raum im ersten Obergeschoß, der an seinen freien Seiten vollständig verglast ist. Lediglich die öffenbaren Lüftungsklappen sind raumhoch, aus Holz und strukturieren den Raum. Das Gebäude steht in der Tradition des Eames-Hauses (Charles und Ray Eames, 1949), ohne direkte formale Übernahmen. Wie dieses besticht es durch das überzeugende Zusammenspiel von Konstruktion, Material und dem sich daraus generierenden Raum. Die entstehenden Räume sind räumlich ausgeprägt, durch die Großzügigkeit der Konstruktion aber vielfältig, durchaus auch für Wohnzwecke nutzbar. Das hat auch den Bauherren dazu bewogen, das Gebäude, welches zwar als Büro konzipiert und gebaut wurde, nun als multifunktionales Fertighaus auf dem Markt anzubieten – einem Markt, der für gute Architektur bislang verschlossen blieb.

> Schließung einer Baulücke am Übergang zum Museumsquartier in Wien
Bauherr: KALLCO Bauträger GmbH, Dr. Winfried Kallinger, Wien
Architektur: Arch. Dr. Carl Pruscha, Wien

Die Schließung einer Baulücke am Übergang zum Museumsquartier Wien und eine Vielzahl von „Schwierigkeiten“, von der nicht einmal sechs Meter tiefen Parzelle, über baurechtliche Aspekte, wie Brandschutz oder die „Harmonisierung“ mit den Schutzzonen und den denkmalpflegerischen Auflagen, stellte aus städtebaulicher Sicht die größte Herausforderung für dieses Projekt dar. Die Jury glaubt, dass Carl Pruscha und Bauherr KALLCO diese schwierige Aufgabe mit Bravour gemeistert haben. Das Gebäude nimmt die ihm zuerkannte Torbau-Funktion von beiden Seiten – also vom Museumsquartier in die Breitegasse und umgekehrt – in sehr eloquenter Weise auf, die Anbindung an die bestehenden Gebäude erfolgt zwanglos, trotzdem wird diese städtebauliche Besonderheit sinnstiftend und dem Genius loci entsprechend verwirklicht. Die Ausbildung der Mansarden und Dachanschlüsse, die Artikulation der Fassaden, die Materialisation dieses im Rampenlicht stehenden Gebäudes und die trotz geringer Tiefe eleganten Grundrisse, zeugen von gestalterischer Souveränität. Dem Mut der Bauherrschaft, eine für Immobilienoperationen an und für sich ungeeignete Bauaufgabe in dieser Form zu meistern, wird größter Respekt gezollt.Generalsanierung und Erweiterung des Einfamilienhauses Grabher in Dornbirn, Vrlb.
Bauherr: Familie Grabher, Dornbirn
Architektur: raumhochrosen architekturerzeugnisse, Dornbirn

Das Erstlingswerk des Roland Rainer-Schülers Gunter Wratzfeld und damit ein Musterbeispiel der „Vorarlberger Bauschule“ wurde von den Architekten raumhochrosen saniert und räumlich erweitert. Ohne das ursprüngliche architektonische Konzept einer über dem Hang schwebenden Schachtel zu schwächen wurde das räumliche Angebot intelligent ergänzt: Halb in den Hang gegraben wird dem bestehenden Holzhaus eine Betonbox seitlich untergeschoben, die zusätzlichen Wohnraum im Erdgeschoss und als Dach eine neue Terrasse für den Wohnbereich im Obergeschoss bietet. Störende Ein- und Umbauten aus den 1980-er Jahren wurden entfernt, der Holzbau nach ökologischen Gesichtspunkten vollständig erneuert. Es entsteht ein reizvoller Dialog zwischen der, nach wie vor äußerst zeitgemäßen und leistungsfähigen Architektur aus den 1960-er Jahren und dem neuen Zubau, der den Qualitäten des Hauses noch neue hinzufügt, ohne Anbiederung. Ganz selbstverständlich und selbstbewusst verschmilzt neu und alt zu einem neuen Ganzen. Ein vorbildliches Beispiel einer Adaptierung und Nachverdichtung im Einfamilienhausbau, welches auch dem großen persönlichen Engagement der Bauherren zu danken ist, die sich bis in die Möblierung und Nutzung der Räume mit der räumlichen Struktur und ihren Bedürfnissen auseinandersetzten.

Verfasser/in:
Redaktion GAT,
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