Ich fahre regelmäßig nach Birkfeld, um meine Familie zu besuchen und beobachte schon lange, wie wenig der Ortsbildschutz in meiner Heimatgemeinde ernst genommen wird. Seit 2. Juni 2010 hat die Marktgemeinde Birkfeld ein rechtskräftig verordnetes Ortsbildschutzgebiet (siehe Link Ortsbild Birkfeld > umwelt.steiermark.at).
Dennoch wurde und wird weiterhin entgegen der Schutzbestimmungen gebaut. Vor allem durch Erweiterung und Aufstockung von Gebäuden, verbunden mit brutalen Geländeveränderungen und damit einhergehenden, überdimensionalen Stützmauern wird das Ortsbild negativ beeinträchtig und der geschützte Blick auf die Ortskrone mit Pfarrkirche verstellt.
Die beiden hier gezeigten Gebäude waren schon seit meiner Kindheit vorhanden, jedoch kleiner, niedriger und ohne monströse Stützmauern. Sie fügten sich in das Ortsbild ein.
Wie konnten diese Um- und auch Neubauten ein positives Ortsbildgutachten bekommen? Die Ortsbildkommission sollte das überprüfen.
Der Ortsbildschutz ist ähnlich wie der Denkmalschutz und auch die Raumplanung zahnlos. Ortsplaner treten meist auch aktiv als Planer in der Gemeinde auf und wer will da schon als zu engagierter oder strenger Ortsbildschützer mit der Gemeinde und dem Bürgermeister in Konflikt geraten. Diese leider gängige Praxis sollte aus berufsethischen Gründen (Interessenskonflikte) nicht so gehandhabt werden und auch rechtlich ausgeschlossen werden. Vielleicht wird ja das Ortsbildschutzgesetz in nächster Zeit dahingehend verbessert und geschärft, um seiner Intention, Orte vor äußerst unsensibler Verbauung zu schützen, auch tatsächlich näher zu kommen.
Die Gemeinde Birkfeld verschweigt auf ihrer offiziellen Homepage, dass es ein geschütztes Ortsbild gibt. Das sagt auch einiges aus. Es gibt aber auch Orte, wie beispielsweise Straden, die stolz auf ihr geschütztes Ortsbild sind und dieses auch im Internet veröffentlichen.
Was macht den Ort Birkfeld schützenswert?
Siehe Link Ortsbild Birkfeld > umwelt.steiermark.at – Auszug aus: G. Axmann, K. Gartler & U. Werluschnig, 1994, Ortsbildschutz Steiermark 1977-1994:
"Der Markt Birkfeld, ein Kirchort über dem Tal der Feistritz, wurde urkundlich erstmals 1265 als Mittelpunkt des Steuerbezirkes erwähnt. Die Ortschaft Birkfeld besteht aus 2 Teilen: Dem Markt, der ca. 50 bis 70 m erhöht auf einer Landschaftsterrasse über dem Talboden liegt und dem tiefer liegenden Ortsteil Edelsee, einer Reihensiedlung am Waisenbach.
Ausgangspunkte der Ortsentwicklung waren die Pfarrkirche im Osten und Schloss Birkenstein im Westen. Die beiden Plätze vor dem Schloss und rund um die Kirche werden durch den langgestreckten, straßenförmigen Hauptplatz verbunden. Der Ortskern, von den Polen der Kirche und des Schlosses akzentuiert, wird von Häusern des 17., 18. und 19. Jahrhunderts gebildet. Ihre Ausformung ist trotz mancher baulicher Verletzung qualitätsvoll. Neuere Bauten aus dem 20. Jahrhundert bedrängen wiederholt unausgewogen und unsensibel das Zentrum.
(…) Als Schutzgebiet wird jener Teil der Gemeinde umgrenzt, der in seiner landwirtschaftlichen und baulichen Charakteristik den Ort prägt und in dem das Erscheinungsbild in Baustruktur und -substanz sowie in seiner organischen Funktion erhalten ist.
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Blickrichtungen auf die erhöht situierte, geschlossene Ortskrone. Deshalb sind auch das Freiland vor dem Markt und die Hangrücken (Schwemmkegel) bis in den Talboden hinab miteinzubeziehen."
Sehr geehrte Frau
Sehr geehrte Frau Kabelis-Lechner,
Sie haben Recht, diese Beispiele sind wenig erbaulich. Trotzdem würde ich den Ortsbildschutz nicht als zahnlos bezeichnen, weil es viele Beispiele gibt, wo er gut funktioniert. (s. auch das Buch „Erhalten und gestalten – Ortsbildschutz in der Steiermark, Graz 2020).
Ebenfalls richtig ist, dass es da und dort Ortsbildsachverständige gibt, die in „ihrer“ Gemeinde planen. In solchen Fällen wird das Ortsbildgutachten selbstverständlich von einem anderen Ortsbildsachverständigen verfasst. Dass Ortsbildsachverständige Konflikte mit BürgermeisterInnen scheuen, ist eine Verallgemeinerung, die leider die gute Arbeit vieler Ortsbildsachverständiger, die sich engagieren und gemeinsam mit den politischen Verantwortlichen und der Verwaltung das Ortsbild in vorbildlicher Weise weiterentwickeln, abwertet.
Zur Rolle der Ortsbildkommission: Es gibt 63 Ortsbildgemeinden und jeweils bestellte Ortsbildsachverständige. Es ist nicht die Aufgabe der Ortsbildkommission, einzelne Gutachten der Ortsbildsachverständigen zu prüfen oder zu kommentieren, abgesehen davon, dass dafür weder die Kapazitäten der ehrenamtlich agierenden Kommissionsmitglieder ausreichen würden noch die Ortsbildkommission das Pouvoir hat, Gutachten für ungültig zu erklären (was übrigens gar nicht möglich ist, wenn ein rechtmäßig bestellter Gutachter ein solches verfasst).
Was noch zu beachten ist, wobei ich nicht weiß, ob das im von Ihnen beschriebenen „Minus“ der Fall ist: Schutzgebiete in Ortsbildgemeinden sind nie ident mit dem Gemeindegebiet. Es handelt sich vielmehr um im Ortsbildkonzept festgelegte Zonen. Außerhalb dieser Zonen gilt das Ortsbildgesetz nicht, wobei jedoch jedenfalls § 43 Abs. 4 (allgemeine Ortsbildbestimmung) BauG anzuwenden ist.
Eine Überarbeitung des Ortsbildgesetzes ist tatsächlich ein Desiderat (wie auch im oben genannte Buch beschrieben) und Sie können versichert sein, dass die Ortsbildkommission dahingehend aktiv ist.
Antwort auf Sehr geehrte Frau von Eva Guttmann
Schade
..ist, dass Sie gleich in die Verteidigung gehen anstatt sich mit dem von mir aufgezeigten Problem zu befassen. Ich finde es unerträglich, dass Ortsbildsachverständige in den Gemeinden planen dürfen und dann ihre Stellvertreter*nnen, die auch in der Gemeinde planen, das Gutachten ausstellen. Diese Praxis ist mit der unabhängigen gutachterlichen Tätigkeit unvereinbar und sollte bei einer Überarbeitung des Ortsbildschutzgesetzes auch nicht mehr erlaubt werden.
Ihre Belehrungen über die Schutzgebiete, die nicht ident mit dem Gemeindegebiet sind, finde ich sehr entbehrlich. Ich kenne das Ortsbildgesetz, da ich selbst auf der Liste der Ortsbildsachverständigen stehe. Im Beitrag ist das Schutzgebiet auch beschrieben und damit auch ersichtlich, dass diese auch für Sie wenig "erbaulichen Beispiele" im Schutzbereich liegen.
Der Ausdruck "zahnloses Gesetz" stammt übrigens von einem hochrangigen Mitarbeiter in der Geschäftstelle, den ich zu den Mängeln in Birkfeld befragt habe.