Regelmäßig spricht man in Graz von Grünraumoffensiven und der Wichtigkeit von Bäumen für die Stadt. So wird z.B. DI Robert Wiener, Leiter der Abteilung Grünraum und Gewässer, im Grazer vom 2. August 2020 folgendermaßen zitiert: „Mehr Bäume für den öffentlichen Raum sind auch für das Urban Cooling ein wesentlicher Punkt. Und so wird es ins Graz die nächsten 2 Jahre durchaus eine Baumoffensive geben.“
Hört sich gut an, aber wie steht es in Graz eigentlich um die bestehenden, alten Bäume, die eine besondere Rolle für das Klima der Stadt spielen? Werden diese wohl ausreichend gepflegt und geschützt? Sieht man auf der Homepage der Stadt unter Baumschutz nach, erfährt man:
„Bäume haben gerade in einer Stadt einen besonders hohen Wert. Sie sorgen für ein angenehmes Klima, bieten visuelle Barrieren zu lärmenden Straßen und erfreuen, je nach Baumart, durch Blüte, schmackhaftes Obst, schönen Wuchs, sattes Grün und herbstliche Farbenpracht. Bäume bieten zudem wertvollen Lebensraum für zahlreiche Tiere.“
Lokalaugenschein im Grazer Stadtzentrum
Der Jakominiplatz: Bäume haben es hier schwer. Die Baumscheiben an diesem frequentierten Platz sind ungeschützt und sehr ungepflegt, Fahrräder bzw. "Fahrradleichen" werden an die Bäume angelehnt, manchmal werden auch Plakatständer und Einkaufswagen abgestellt. Das ergibt kein schönes Bild.
Der Joanneumring wurde in der Gründerzeit mit einem für Graz beachtlich breiten Straßenprofil angelegt und hat noch heute den Charakter eines großstädtischen Boulevards. Eine Allee und breite Gehsteige mit kultigen Vitrinen machen Flanieren trotz viel Autoverkehr attraktiv. Die teilweise großzügig dimensionierten Baumscheiben der Allee sind leider gar nicht oder äußerst lieblos gestaltet: grober Schotter bedeckt die Wurzeln, Werbeobjekte, Parkscheinautomaten und Schachtdeckel stehen in Konkurrenz zu den Bäumen.
Ähnlich schlecht ist die Situation in der Radetzkystraße. Dabei gäbe es hier die Möglichkeit, diese exponierten Baumscheiben als attraktiven Grünraum mit Blumen und Stauden zu gestalten mit einer schützenden Beeteinfassung vor Hunden und Rädern zu schützen. An manchen Stellen könnten auch konsumfreie Sitzbänke Platz finden. Als Vorbild dafür fallen mir die wunderschön bepflanzten Baumscheiben in der Zieglergasse in Wien ein.
In der benachbarten Kaiserfeldgasse gibt es ebenfalls eine Allee, die den Aufenthalt im öffentlichen Straßenraum attraktiv macht. Hier sind die exponierten Baumscheiben bepflanzt und mit Metallzäunen vor Autos, Hunden und Fahrrädern geschützt. Es gibt in der Allee leider aber auch Baumscheiben ohne Bäume, dafür möbliert mit Verkehrsschild, Papierkübel und Fahrrad.
Wien gibt vor
Die Wiener Richtlinien für Baumschutz sagen: „Pflanzflächeneinfriedungen sind an exponierten Stellen und intensiv genutzten Bereichen unbedingt vorzusehen: Beeteinfassungszaun (Stahlband) gemäß Regeldetail MA 42, Farbe graphitgrau (RAL 7024) oder Sezessionsgitter.“ Derartige Richtlinien sind in Graz leider nicht zu finden. Graz könnte hier von Wien lernen und seinen innerstädtischen Baumbestand besser schützen und pflegen.