17/10/2024

Peter Laukhardt spürt in einer neuen Serie einzelnen historisch relevanten Arkaden in der Grazer Vorstadt nach und reflektiert deren Geschichte und Bedeutung. Damit schließt er an seine Spaziergänge durch die Grazer Altstadt an und rückt weitere Fragmente der Grazer vielfältigen Baugeschichte ins Licht.

Die Kolumne Schau doch! von Peter Laukhardt zu unersetzlichen, schützenswerten Bauten im Grazer Stadtraum erscheint regelmäßig am 3. Dienstag im Monat auf GAT.

17/10/2024

Arkadenroute 10: Arkaden der Grazer Vorstadt 1 (Nr. 1 – 12)

©: Peter Laukhardt

Bild 1: Herz-Jesu-Kirche, Arkaden

©: Peter Laukhardt

Bild 2: Palais Meran, Florentinersaal

©: Peter Laukhardt

Bild 3: Johann-Fux-Gasse 24, einst und jetzt

©: Peter Laukhardt

Bild 4: Heinrichstraße 43, Arkaden

©: Peter Laukhardt

Bild 5: Körblergasse 33, Arkaden

©: Peter Laukhardt

Bild 6: Saumgasse 62, einst und jetzt

©: Peter Laukhardt

Bild 7: Grabenstraße 59, Arkaden

©: Peter Laukhardt

Bild 8: Lendplatz 21, Arkade

©: Peter Laukhardt

Bild 9: Mühlschlössl, Arkaden

©: Peter Laukhardt

Bild 10: Mariahilferstraße 20, Arkaden

©: Peter Laukhardt

Bild 11: Minoriten-Kreuzgang, Zeichnung K. O’Lynch of Town (Foto: Peter Laukhardt)

Bild 12: Minoritenkloster, Arkaden beim Refektorium

©: Peter Laukhardt

In neun Routen haben wir 100 Arkaden der Grazer Innenstadt abgehandelt. Dem Wunsch einiger mir wichtiger Leser folgend, soll jetzt auch die Vorstadt untersucht werden. Wir gehen in der Reihenfolge der Bezirke vor und starten mit den inneren Grazer Bezirken II St. Leonhard, III Geidorf und IV Lend.

1) Sparbersbachgasse:  Herz-Jesu-Kirche

Weil das Areal der 1881–1887 von Georg Hauberrisser d. J im Stil der Neogotik in Backstein erbauten Kirche tiefer lag als die Umgebung, löste das der Architekt durch eine Unterkirche, die sich durch spitzbogige Arkaden nach außen öffnet (Bild 1).

2) Leonhardstraße 15: Palais Meran

Das wunderschöne Haus wurde 1841–1844 von Georg Hauberrisser sen. als Stadtpalais für Erzherzog Johann errichtet und ist heute der Hauptsitz der Kunstuniversität. Während der Bau spätklassizistische Formen zeigt, ist die Inneneinrichtung im Stil des Romantischen Historismus gehalten. Das Prunkstück ist der „Florentinersaal“, der mit den eleganten Arkaden aus schlanken Doppelsäulen und den kleinen Arkadenfenstern mit spiralisierten Säulchen im oberen Teil eine besonders eindrucksvolle und einzigartige Wirkung ausübt (Bild 2).

3)  Johann-Fux-Gasse 24: Loggien-Villa

Die schöne Villenanlage wurde 1906 im altdeutschen Stil von Josef Petz für den k.k. Notar Dr. Alfred Baltinester erbaut. Bei der 2019 begonnenen Sanierung wurde die 1951 vermauerte Eingangs-Loggia aufgedeckt und nach Interventionen beim Denkmalamt in mehrjähriger Arbeit wieder hergestellt (Bild 3). Dennoch wurde der Villa kein Denkmalschutz gewährt.

4) Heinrichstraße 43: Ehem. Gülthof "Rosenegg"

Schon 1590 wird hier ein Herrschaftshof erwähnt, die Hofstiege zu den Arkaden vor dem Obergeschoß scheinen aus der Bauzeit zu stammen (Bild 4). Ende des 17. Jh. waren die Herberstein und die Saurau-Dietrichstein Besitzer. 1788 erwarb Valentin von Rosenegg den Rosenhof. Seine Witwe schenkte die ganze Gült (Grundherrschaft) Rosenegg ihrem Verwalter Anselm Hüttenbrenner. Der ebenfalls als Komponist tätige Hüttenbrenner hat hier vermutlich 1827 seinen Freund Franz Schubert empfangen. Im Jahre 1919 erwarb das Gebäude der jüdische Spirituosenfabrikant Berthold Broch, der es restaurieren ließ und sich am Dreiecksgiebel an der Straßenfront mit dem Datum „1919" verewigen wollte. Doch im September 1938 verfielen Haus und Unternehmung jedoch der "Arisierung" durch die NS-Diktatur. Während Broch seinen drei Kindern die Flucht in die USA finanzieren konnte, wurde er selbst 1942 als 79-jähriger mit seiner Frau Helene über Wien und Theresienstadt (Tschechien) in das KZ Treblinka (Polen) deportiert und dort ermordet. Das Haus wurde 1951 an die damals in Chicago lebenden Erben restituiert, von diesen aber sofort wieder verkauft.  Es wurde vor kurzem denkmalgerecht saniert und erweitert.

5) Körblergasse 33/Franckstraße 44: Haus mit Säulenloggia

Das Eckhaus stammt im Kern aus dem 18. Jh., es wurde im Zuge der Anlage der Franckstraße (vorher Wartingergasse) teilweise abgetragen und 1969 völlig umgebaut. Es zeichnet sich aus durch die inzwischen verglaste straßenseitige Säulenarkadenloggia im Obergeschoß (Bild 5), zwei Stuckdecken im Obergeschoß und gartenseitig durch ein korbbogiges Steinportal mit der Inschrift "A. J. 1813"; vermutlich war das Anton Jäckl, der damals in der Gegend einige Gülten mit Häusern besaß, die später an Baron Leiss gingen, der sich „zu Laimburg“ nennen durfte, nach dem dort vorherrschenden „Lahm“-Boden (davon die Laimburg-Gasse). Das Haus steht nicht unter Denkmalschutz.

6) Saumgasse 62: ehem. Sommerhaus Klabinus

Straßenseitig ist die Fassade schlicht, das rechteckige Eingangstor in einem hervortretenden Mittelrisalit, gartenseitig zeichnet sich der Bau durch eine schöne dreibogige Loggia aus. Die Zimmerflucht war durch Kachelöfen – teilweise aus der Bauzeit – geziert. Nach dem Tod der letzten Bewohnerin hatten die Erben kürzlich das Haus an den Sohn eines renommierten Grazer Baumeisters verkauft, der versprochen hatte, es zu sanieren. Zur Sicherheit wurde von SOKO Altstadt das Denkmalamt verständigt, aber noch bevor es zu einem Termin kam, machte der neue Eigentümer ernst, ließ das Dach abdecken, sodann einen Teil des Gebäudes abreißen und den Rest als Ruine stehen (Bild 6)! Das Denkmalamt hatte wieder einmal das Nachsehen.

7) Grabenstraße 59: Evangelisches Pfarrhaus und Kindergarten

Der denkmalgeschützte sogenannte „Pfeiferhof“ wurde in der ersten Hälfte des 17. Jhs erbaut und gegen Ende des 18. Jahrhunderts umgebaut. Im nördlichen, von der Straße wegführenden Flügel findet man wunderschöne zweigeschoßige Säulenarkaden aus der Bauzeit (Bild 7).

8) Lendplatz 21: Lendkaserne

Das „Soldatenhaus“ wurde 1748 als erstes Grazer Kasernengebäude errichtet, musste jedoch, nachdem es 1764 einem Feuer zum Opfer gefallen war, neu aufgebaut werden. Danach fungierte es bis zum Jahr 1919 als Depot und Unterkunft unterschiedlicher Truppengattungen. Die Rückseite zur Josefigasse weist im Erdgeschoß Pfeilerarkaden auf (Bild 8).

9) Mühlgasse 43: Mühlschlössel

Das ehemalige Schlössl wurde vor 1675 von Zacharias von Gabelhofen erbaut. 1898 wurde es von Ludwig Franz, Besitzer der „Marienmühle“ (nach der dort stehenden Mariensäule so genannt) umgebaut und erhielt an der Westfront Arkadenbögen mit drei toskanischen Säulen, über der Balustrade im Obergeschoß hölzerne Pfeiler mit floralem Gitterwerk (Bild 9). 1904 kaufte die evangelische Gemeinde das Schlössl und gestaltete es als Pfarrhaus zu der 1912 -1914 erbauten evangelischen Kreuzkirche; ein neuer Arkadengang verband die beiden Bauteile.

10) Mariahilferstraße 20-22: Palais Wertlsberg

Dieses Renaissancepalais vom Beginn des 17. Jahrhunderts wurde um 1690 um ein Stockwerk erhöht und dabei die zwei Ecktürme mit einem polygonalen Obergeschoß versehen. Er wirkt mit seinem schlossähnlichen Charakter neben der Fassade der Mariahilferkirche eher abweisend, besitzt aber einen romantischen Innenhof mit zweigeschossigen Arkaden über dem Einfahrtstor (Bild 10) und schöne Pawlatschengängen.

11) Mariahilferplatz 3: Minoritenkloster

Der mit Förderung der Familie Eggenberg gestaltete frühbarocke Baublock mit glatten Fassaden umfasst zwei Höfe; er wurde von Giovanni Pietro de Pomis ab 1706 erbaut und um 1736 vollendet. Der großartige Kreuzgang besteht aus toskanischen Säulen; der Grazer Maler Carl O’Lynch of Town zeichnete ihn noch mit den heute verschwundenen Sockeln (Bild 11).

12) Mariahilferplatz 3: Arkade beim Refektorium

Aus dem frühen 18. Jahrhundert stammt auch das von Joachim Carlone erbaute Sommerrefektorium (Minoritensaal). Der Zugang vom Klosterhof wird ebenfalls durch einen Arkadengang verschönt (Bild 12).

Viel Vergnügen beim diesmal sehr langen Spaziergang! 
wünscht Peter Laukhardt

(Fortsetzung folgt)

Die kunsthistorischen Angaben stützen sich zum großen Teil auf die Beschreibungen des Bundesdenkmalamtes in Wikipedia und die Kunsttopographie von 1984 und 2013. Weitere Information zu den genannten und anderen Altbauten der Stadt Graz finden sich in www.grazerbe.at.

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