11/07/2024

„Genug von leblosen Lebensräumen, Quartieren und deren monotonen Gebäuden. Es ist Zeit unsere Umwelt neu und gemeinsam, interdisziplinär zu denken. Brechen wir mit den gängigen Konzepten und Methoden. Entwickeln wir passioniert qualitative Lebensräume, in denen wir neue Wege aufzeigen. Überzeugen wir die Gesellschaft von der Notwendigkeit des Um- und Weiter- anstatt des Neubauens. Dafür hat der mindestens 5-dimensionale interdisziplinäre Städtebau heute überhaupt nicht an Aktualität eingebüßt. Dieser kann aus meiner Sicht mit neuen Methoden, Instrumenten und einer breiten Annäherung gelingen.“

In drei Annäherungen formuliert Architekt Heinz Plöderl seine Auffassung von Städtebau, der langfristige Orientierung für Entscheidungen und Eingriffe in die Umwelt ermöglicht und verschiedene Akteure zur Mitgestaltung einlädt. Der zweite Teil der Kleinstserie ist ein Plädoyer für den konzeptiven und 5-dimensionalen Städtebau.

11/07/2024

Illustration: „Österreich“ von 2016, Tusche auf Papier, 66 x 50,5 cm 

©: Petra Kickenweitz

Jeder erfährt den Wandel und die Defizite unserer gebauten Umwelt im eigenen Umfeld. Ohne diese Defizite würde es keine Kritik und ohne Kritik keine Visionen und Konzepte für Veränderungen und Verbesserungen der momentanen Rahmenbedingungen geben. Der städtebauliche Diskurs scheint trotz der mannigfaltigen Herausforderungen heute nicht mehr das politische Interesse und Schwergewicht zu besitzen, welches er noch im vorigen Jahrhundert in einigen Dekaden der jeweiligen Nachkriegsjahre eingenommen hat. Die großen Visionen der 1920/30er-Jahre und den 1950/60er-Jahren und deren politische Instrumentalisierung haben zu einer gewissen Vorsicht und Zurückhaltung bezüglich deren gesellschaftspolitischer Mehrwerte und neuen Konzepten geführt. Kritisch angemerkt muss werden, dass der Städtebau sich heute nur noch jener politischen „Posen“ formal bedient, sie aber nicht mehr mit Inhalten auszufüllen vermag.

Da sind wir wieder bei den bereits in meinen ersten Annäherungen angesprochenen Defiziten und dem erforderlichen Wandel. Dementsprechend sind auch heute Konzepte und Visionen, insbesondere im Städtebau, die sich kritisch mit dem Jetzt auseinandersetzen und dabei transparent ihre Quellen offenlegen, aus denen sie sich formal oder gesellschaftspolitisch bedienen, durchaus relevant für die Jetztzeit.

Der Begriff der „Sustainability/Nachhaltigkeit“ ist in den vergangenen Jahren inflationär verwendet worden. Aber gerade im Zuge der Nachhaltigkeitswelle sind auch im „Städtebau“ viele neue Visionen, Ideen und Konzepte entstanden. Ich glaube daher nicht, dass sich die Visionen, die Entwürfe der Gegenwart vor dem Klimawandel zurückziehen, sondern dass sie diesen proaktiv als Thematik aufgreifen. Damit wird die „Post-Klimawandel-Zukunft“ quasi zur Vision gemacht. Dass neue Lebensräume und deren Quartiere etwa schwimmen werden, ist per se nichts Aufregendes, sondern im Geiste von ‚Water World‘ weltweit ein gesellschaftspolitisches Zugeständnis, dass es kein Land mehr zu besiedeln gibt. Dementsprechend wollen Länder in einer Zeit, in der es zum Schmelzen der Polkappen kommt, irgendwo neue Habitate schaffen.

„Die gebaute Realität unserer Umwelt entspricht nicht der sozialen Realität.“ Dies ist ein Erfahrungssatz des interdisziplinären 5-dimensionalen Städtebau. Ganz besonders dann, wenn Quartiere und Gebäude für eine festgelegte Funktion „abgeliefert“ und wenn Lebensräume überdeterminiert werden. Hilft dagegen „unfertiges“ bzw. „inkrementelles“ Bauen Schritt für Schritt?

Das kann man auf jedes Quartier und Gebäude beziehen. Der Witz ist doch gerade, dass Baukultur mit Städtebau und der gebauten Umwelt einzelne Generationen überlebt, wenn sie in der Lage ist, sich von ihrer ursprünglichen Nutzungsintention zu emanzipieren. Ein mindestens 5-dimensional aufgesetzter „Städtebau“ liefert die Basics für wahrhaft nachhaltige Baukultur im Lebenszyklus.

Heute fehlen dem aktuellen Städtebau Effizienz- und Planungsparameter und damit genau das, was eigentlich unsere Lebensräume ausmacht.
Die Räume des Industriezeitalters sind von ihrer räumlichen Disposition her für heutige Maßstäbe erst einmal großzügig. Das ermöglicht eine Flexibilität, ein Neu-Denken und Neu-Nutzen. Das ist unter den aktuellen Planungsparametern kaum zu gewährleisten und sicherzustellen. Deshalb sind neue Strukturen und räumliche Erneuerungen unserer Umwelt mit den neuen Gebäuden heute kaum in der Lage, über einen längeren Zeitraum diese erforderlichen flexiblen Nutzungsmuster zu reflektieren.

Die Zukunft ist aber schon da – und „Städtebau“ unmodern und völlig unkonkret, 2-dimensional als Flächenplanung organisiert. Diese gilt es in einem ersten Schritt umgehend als Raum, – d. h. als 3-dimensionale Planung zu modernisieren und mit der 4. Dimension „Zeit“ zu verschränken.

Ein interdisziplinärer Städtebau ist eine wesentliche gesellschaftspolitische, ökologische wie soziale Herausforderung des 21. Jahrhunderts, für die es gilt Konzepte, Ideen und Instrumente zu entwickeln, um unsere öffentlichen wie privaten Lebensräume, Siedlungen, Quartiere und Orts- bzw. Stadtkerne lebenswerter zu gestalten und dabei unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Klimaschutz, Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die Nutzung von regenerativen Energien sowie die Dekarbonisierung sind weitere zentrale Herausforderungen für eine „räumliche, mindestens 3-dimensionalen Planung unserer Umwelt."

Daraus entstehende, neue Fragestellungen erfordern für die bisherigen Instrumente und Methoden der „Raumplanung“ Ergänzungen bzw. besser eine Neuformulierung hin zu einem interdisziplinären 5-dimensionalen Städtebau

Erkennen wir doch die durch die großen Herausforderungen entstehenden Nutzungskonflikte, die einer raumverträglichen zeitemanzipierten Lösung zuzuführen sind. Dabei ist der interdisziplinäre Städtebau als bedeutender Akteur prädestiniert, als fachübergreifender Koordinator Maßnahmen zu bündeln, sowie eine räumliche, mit dem Faktor Zeit verschränkte Gesamtstrategie zu entwickeln, die sich in der 5. Dimension des „Lebens“zyklus bewähren wird.

Ein „konzeptiver“ Städtebau ist ein erster Baustein, einen zukunftsorientierten und zukunftsfähigen Städtebau zur Gestaltung unserer Umwelt aufzusetzen. Ein konzeptiver Städtebau versteht sich auch als neues 3-dimensionales räumliches Planungsinstrument für ein Gestaltungskonzept, das als Vorstufe für das Instrument Bebauungsplan kostengünstig und flexibel zu organisieren ist.

Die Darstellung der räumlichen Sequenzen einer konzeptiven Orts- und Stadtplanung in Bauraum, Grünraum und Verkehrsraum ist inhaltlich die längst notwendige Erneuerung und bildet interdisziplinär in den formulierten Zielen und Maßnahmen erstellt, die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen 3-dimensional in der 4. Dimension „Zeit“ ab.

Diese Planungsebene – ohne Verordnungscharakter, jedoch mit Gemeindevertreter-Beschluss ausgestattete tragfähige Ebene – vor der Ebene eines später erstellten BEBAUUNGSPLANES, soll zur Stärkung der Gemeindeautonomie – die ja großteils in ehrenamtlichen Tätigkeiten in den Gemeindeausschüssen absolviert wird – in gestalterischer Hinsicht den vorgeschlagenen Baustein inhaltlich dienen.

Es liegt sicherlich in unser aller Interesse, die erforderlichen zukünftigen städtebaulichen Rahmenbedingungen ressourcenschonend und positiv weiterzuentwickeln und einen „konzeptiven Städtebau“ zur Gestaltung unserer Umwelt zu implementieren.

Dafür braucht es Kompetenz, Vision und Kontinuität, verbindliche Planungsebenen (überörtliche, regionale, örtliche) mit unabhängiger Expertise sowie eine Politik im demokratischen Gemeinwesen, welche die Ziele der Bevölkerung generiert, sie in der Öffentlichkeit vermittelt und in der Raum-, Orts- und Stadtplanung aus der Dressur des Investments nimmt und den „Städtebau“, dem ich versuche mich anzunähern, in das Interesse der Allgemeinheit stellt. 

christian hirl

das sagt der WIKI
Entsprechend den oben angeführten Begriffsunterschieden haben sich auch unterschiedliche Studienrichtungen an den Hochschulen entwickelt. Es gibt die Studiengänge Stadtplanung, Stadt- und Regionalplanung, Urban Design, Urbanistik und Raumplanung als eigenständige Bachelor- und Masterstudiengänge sowie Städtebau und Stadtplanung im Rahmen des Architekturstudiums. Seit 1964 bot die öffentliche Verwaltung daran anschließend zunächst nur für angehende Beamte ein Referendariat an.[3] Dieses Referendariat wird heutzutage auch als Führungsqualifikation für den Nachwuchs in der freien Wirtschaft angeboten.[4]
Für den niederländischen Architekten und Stadtplaner Kees Christiaanse nimmt der Städtebau eine koordinierende Mittlerposition zwischen Architektur und Raumplanung ein.
Er habe sich aus der Landschaftsarchitektur – und in Holland auch aus dem Wasserbau – entwickelt und eine neue Existenz für sich formuliert.[5]

Darum sitzen in zahlreichen GB Landschaftsplaner und Wasserbauer als VS herum, die sich gerne mit Architekturfremdleistungen schmücken.

Mo. 22/07/2024 15:41 Permalink
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