Zwischen Rösselmühle und Oeverseepark begleiten parallel verlaufende Geh- und Spazierwege den Mühlgang, Spaziergänger*innen können den Mühlgang hautnah erleben. Bei der Planung des Oeverseeparks wurde aufgrund der Lage am Mühlgang Wasser als charakteristisches Gestaltungsmittel eingesetzt. Ein lang gezogener Wasserlauf mit naturnaher Uferbepflanzung zieht sich durch den Park und erinnert an den ursprünglichen Verlauf des Mühlgangs. Ab der Brücke zum Dorothee-Sölle-Weg ist das Spazieren entlang des Mühlgangs nicht mehr möglich, der Weg ist durch ein Tor und ein zusätzliches Gitter versperrt. Parkbesucher*innen verweilen gerne am Brückengeländer und schauen den Enten zu, die sich im Mühlgang tummeln. Manchmal sieht man hinter der Absperrung Polizisten gehen, die Polizeihunde „Gassi“ führen oder trainieren.
Dieser unzugängliche Weg hat schon länger meine Neugier entfacht. Ich begann zu recherchieren: Im Flächenwidmungsplan hat dieses uferbegleitende Grundstück eine eigene Parzellennummer und ist als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen. Eine Grundbuchsabfrage ergab, dass diese Wegparzelle und ein bis zur Köstenbaumgasse weiterführender Weg öffentliches Gut mit der Nutzung Straßenverkehrsanlage sind. Ein Weg im Eigentum der Stadt Graz, aber für die Öffentlichkeit versperrt!
Endgültig neugierig geworden, versuchte ich den Weg von der Köstenbaumgasse kommend zu begehen. Auch hier, angrenzend an das Areal der Polizeiinspektion Karlauerstraße, eine Absperrung, die sich jedoch leicht umgehen lässt. Ein ausgetretener Pfad schlängelt sich auf einer schmalen Wiese bis zum versperrten Tor am Rande des Oeverseeparks. Hier gibt es partout kein Weiterkommen, kein Drüberklettern, kein Durchschlüpfen.
Besonders im Frühling und Sommer präsentiert sich dieser Abschnitt des Mühlgangs sehr idyllisch. Der Mühlgang hat hier schon länger seine starre Holzbegrenzung überwunden, das Wasser formte ein naturnahes Ufer mit winzigen Buchten. Alte Bäume bieten Vögeln und Insekten Lebensraum, Enten sonnen sich am flachen Ufer und in den Schrebergärten leuchten die blühenden Sträucher. Das nächste Mal, wenn ich diesen Ort heimlich aufsuche, nehme ich mir eine Decke und ein Buch mit. Mal sehen, ob mich dann die Polizei mit ihren Hunden vertreibt.
Ein idyllischer, öffentlicher Weg, den ausschließlich Polizisten und Hunde benutzen!!! Hier gibt es Handlungsbedarf. Die Stadtregierung möchte verstärkt fußgänger*innenfreundlich handeln, sanfte Mobilität fördern und mehr Freiräume schaffen. Unzugängliche öffentliche Freiräume und versperrte Wege passen nicht zu diesen politischen Zielsetzungen. Aber vielleicht sind diese versteckten Potenziale der Stadtregierung gar nicht bekannt.
Bereits 1977 hat Architekt Hubert Rieß in seiner Studie über die Grazer Mühlgänge vorgeschlagen, diese als Grünsystem aufzuwerten. Ein begleitendes Wegenetz könnte Fußgänger*innen und Radfahrer*innen dienen. Im Onlineplan „Grünes Netz“ 2005 der Stadt Graz ist dieser Weg mit der Handlungsanleitung: „Grünverbindung erhalten, Wegeverbindung herstellen, Bestand erhalten, Fuß-Radweg herstellen“ versehen. Die Wegeverbindung muss man nicht mehr herstellen, die ist ja vorhanden, man muss nur das Tor öffnen und falls notwendig Absturzsicherungen anbringen. Einfache Maßnahmen, die schnell umgesetzt werden könnten und eine große Bereicherung für den Bezirk Gries und die sanfte Mobilität darstellen könnten.
Chancen nutzen!
Eine prima Idee, danke für die Recherche! Liebe Stadt, umsetzen, nicht sagen, warum's nicht geht.